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Feste Bande


Kaum kam ich wieder in England an, empfing uns Corinne mit offenen Armen und half uns die Pferde, welche ebenso erschöpft waren wie wir, in den Stall zu bringen. Dort erwartete mich eine große Überraschung. Mein neuster Kauf war während meiner Abwesenheit angekommen und kaute zufrieden auf ein paar Heuhalmen herum. Als wir reinkamen, hob er den Kopf und beobachtete alles neugierig. Von den Mustangs schien er nicht gerade begeistert, legte die Ohren an und verzog sich in die hintere Ecke der Box. Sobald die Neuankömmlinge versorgt waren, stellte ich mich an die Box von Nikolaus und lockte ihn an. Er kam schnell näher, beschnupperte meine Finger und ließ sich die Nüstern kraulen. Für einen Jährling war er schon ziemlich groß und hatte zu lange Ohren für seinen Kopf, was ihn ein wenig ulkig aussehen ließ. Er war einfach schon jetzt ein Kerl, in den man sich verlieben konnte.

"Wie lange ist er schon da?", fragte ich Corinne und wandte mich ihr müde zu.

Diese hatte sich an ihren Mann Jack gekuschelt und überlegte kurz. "Seit drei Tagen. Ich habe Sascha gesagt, sie soll ihn erst einmal alleine auf eine Weide stellen und nachts in die Box holen. Wie es weiter geht, soll sie mit dir besprechen."

"Danke."

Danach verabschiedeten wir uns erst einmal, denn es war vier Uhr in der Früh und ich wollte nur noch ins Bett. Da die Hunde nicht daheim wären, ich sie erst am Nachmittag holen wollte, entschied ich mich spontan bei Nate unterzukommen. Es war ein langer Weg für eine doch kurze Stecke, da ich ziemlich vorsichtig fuhr. Um meine Augen lagen tiefe Augenringe und ich war elendig müde. Die Reise war schön gewesen, doch auch sehr anstrengend und ich wollte nicht versehentlich gegen einen Baum fahren. Bei Nate angekommen, betrat ich das Haus, huschte leise in sein Schlafzimmer, zog mich aus und schlüpfte ebenso leise unter die Bettdecke. Nate grummelte vor sich hin und grinsend kuschelte ich mich an ihn. Da stieß er ein Brummen aus und legte den Arm um mich.

"Du bist schon da.", stellte er ziemlich schlau fest und ich musste leise lachen. Kein Wunder. Es war mitten in der Nacht und er noch im Halbschlaf. Eigentlich wollte ich ihn gar nicht wecken.

Zufrieden rückte ich näher, drückte ihm einen Kuss auf die Brust und schloss die Augen. "Sí. Schlaf weiter, wir reden morgen früh.", erwiderte ich und war kurz drauf auch eingeschlafen.

Nate ließ mich ausschlafen, sodass wir Mittags gemeinsam eine Mahlzeit zu uns nahmen. Wir unterhielten uns, suchten die Nähe des anderen. Er fragte mich über meine Reise aus und ich erkundigte mich, wie es mit seinem Problemkind und mit Victim lief. Bis zum Nachmittag konnte ich mich einfach nicht von ihm trennen. Erst als ich die Hunde abholen musste, löste ich mich widerstrebend von ihm und verabschiedete mich mit einem innigen Kuss.

Die Hunde bekamen sich kaum mehr ein vor Begeisterung. Sie sprangen mich an, schleckten mein Gesicht. Sogar der kleine Ajax versuchte es und musste dabei aufpassen, nicht von den Dobermännern zertreten zu werden. Mit ihnen lief ich zu meiner Wohnung, immerhin war es nicht weit und die Bewegung würde uns allen gut tun. Der Wagen stand schon davor und die Reisetasche lag schon im Schlafzimmer, da ich kurz reingeschaut hatte, bevor ich die Hunde holte.

Daheim angekommen kuschelte ich eine Weile mit ihnen und ließ den Tag entspannt ausklingen. Die Ruhe tat mir mal gut und ich verließ die Wohnung nur noch mal, um die Hunde rauszulassen. In der Nacht war ich im Land der Träume, kaum das mein Kopf das Kissen berührte.

Der nächste Tag begann früh und unschön. England zeigte sich mal wieder von seiner besten Seite und es zogen dicke Wolken auf. Ich schnappte mir die Hunde, stieg in den Wagen und fuhr auf die Ranch. Meine Lieblinge begrüßten mich alle freudig und ich konnte auf zwei anderen Weiden die Pferde aus Amerika stehen sehen. Contess schmiegte sich an mich und ich führte sie in den Stall. Normalerweise würde ich sie draußen stehen lassen, aber ihre kritische Trächtigkeit ließ mich vorsichtiger werden. Auf der anderen Weide standen Juri und mein kleiner Cody, die ich ebenso begrüßte. Caleb, den Appaloosa-Wallach, führte ich zu ihnen, da Contess ihm jetzt keine Gesellschaft mehr leisten konnte. Dann ging ich in den Stall und führte den Oldenburger-Jährling Paroli auf die kleine Koppel bei der Einfahrt, bevor ich mich daran machte, dem British Warmblut-Jährling das Halfter über zu ziehen und ihn ebenfalls zu dieser Koppel zu führen. Neugierig beschnupperten sich die beiden jungen Hengste und wackelten spielerisch mit den Ohren.

Das sah so gut aus, dass ich es wagte Nikolaus das Halfter abzunehmen und ihn auf die Koppel zu lassen. Die jungen Burschen nahmen regen Kontakt zueinander auf, spielten und jagten gemeinsam über die kleine Weide. Zufrieden ging ich zum Haus von Jack und Corinne, aß mit ihnen zu Mittag und fuhr dann heim. Dort lud ich die Hunde ab und fuhr abermals los, diesmal einkaufen. Ich hatte nichts mehr im Haus und wollte schließlich nicht hungern. Später telefonierte ich eine Weile mit meiner Familie und erkundigte mich nach meinen beiden Brüdern. Mein ältester Bruder war bereits verheiratet und hatte eine zweijährige Tochter. Mein anderer Bruder war auch älter als ich, so gesehen das Sandwichkind und ein kleiner Casanova. Keine Frau sah man länger als ein paar Tage an seiner Seite. Das hatte sich scheinbar auch nicht geändert, seit ich in England lebte.

Nachmittags ging ich noch eine Runde mit den Hunden, wobei ich nebenbei Ajax trainierte und machte mich danach noch einmal auf den Weg zur Ranch. Während der Fahrt brach die Wolkendecke und ließ dicke Regentropfen vom Himmel fallen. Seufzend parkte ich den Wagen, zog mir eine Jacke über und setzte meinen Cowboyhut auf. Erst dann traute ich mich aus dem Wagen und sah zuallererst nach den Jährlingen. Diese schienen schon jetzt ganz enge Freunde geworden zu sein und standen nah beieinander, scheinbar um sich gegenseitig vor dem Nass zu schützen. Grinsend lief ich zu Ranch, holte die Halfter und führte die Jungs in den Stall. Die anderen würden draußen bleiben.

Erst am Abend fand ich den Weg nach Hause und schrieb Nate, ob wir uns denn noch mal sehen könnten.


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